Wieder Chance für FinWest I auf Klassenerhalt in Verbandsliga
Durch einen nie gefährdeten Sieg bei Turm Lüneburg kann FinWest I wieder hoffen, der Verbandsliga Niedersachsen Nord/Bremen erhalten zu bleiben. Der 5,5:2,5-Erfolg der Bremer entsprach ziemlich genau dem Spielstärkeverhältnis beider Teams nach DWZ. Nach dem Verlauf der Partien hätte der Sieg von FinWest sogar noch höher ausfallen müssen.
Lediglich an den ersten drei Brettern waren die auch diesmal wieder ersatzgeschwächten Lüneburger nach der Papierlage leicht favorisiert. Die folgenden fünf Bretter allerdings ließen die Bremer vorn erwarten. Und so war schon der Start ganz nach deren Geschmack: Am Spitzenbrett sah es zwischen Christoph Duchhardt (FinWest) und Stefan Becker zunächst spannend und verwickelt aus. Doch nach Stellungsvereinfachung und Figurentausch war die Luft raus. Also zügig remis. Nach dem gleichen Schema kam Minuten später das Unentschieden an Brett drei zwischen Benjamin Kaufmann und dem Lüneburger Alexander Schlösser zustande.
Die anderen Bretter gaben aus FinWest-Sicht Anlass zu den schönsten Hoffnungen. An Brett überspielt Viktor Gesswein das Lüneburger Supertalent Jeremy Hommer, der mit seinen zwölf Jahren schon eine DWZ von 2010 hat. Wenig später musste der Youngster sogar eine Figur fürs Überleben geben. Ebenso zielstrebig erspielte sich Felix Lanfermann an Brett fünf Raumvorteil und Angriff gegen den Lüneburgrer Jan Redenius, nebenan drückte Uwe Körber von FinWest Eckard Suliga an die Wand. An Brett sieben schickte sich der Bremer Sören Behrens gegen Bjarne Jessen an, alles klar zu machen, und unten erspielte sich Thorsten Ahlers erst Stellungsüberlegenheit und dann ein Figurenplus gegen Hans Christian Friedrichsen. Anlass zur Sorge bot nur Brett vier, wo Karsten Ohl gegen Guido Nolte gedrückt und passiv stand.
Nach rund zwei Stunden zeichnete sich damit ein deutlicher Sieg für FinWest ab. Der Weg dahin bot aber noch einige Überraschungen: Zwar fuhren Lanfermann und Ahlers die Ernte schnell für FinWest ein. Und Körbers Weg zum Matt brachte dem Bremer sogar den bewundernden Spontanausruf „Schönheitspreis“ eines Lüneburgers ein. Aber dass Ohl sich im Mittelspiel ausgerechnet mit einem Zug seiner schwarzen Dame nach a8 aus der Umklammerung im Zentrum befreien und damit seinerseits Druckspiel und Mehrbauern erhielt, war schon skurril. Der entnervte Nolte stellte verschreckt die Dame ein und schon führte FinWest uneinholbar 5:1. Aber der nun greifbar nahe Kantersieg kam dennoch nicht zustande: Behrens ließ sich zu einem unvorteilhaften Damentausch verleiten, was dem Gegner prächtiges Figurenspiel und schließlich einen Bauerngewinn nach dem anderen bescherte. Also eine „Null“ für FinWest. Und der junge Jeremy bewies gegen Gesswein, dass man auch schon mit 12 Jahren cool und abgebrüht wie ein Profi spielen kann. Die Folge: Der Bremer Oldie konnte seinen Figurenvorteil nicht umsetzen. Erst drohte ihm in einem Endspiel trotz Plusspringer bei jeweils einem Bauern und ungleichfarbigen Läufern ein Zwangsremis durch die 50-Züge-Regel. Und als Gesswein den Bauern seines Gegners schließlich eroberte, gab das Jungtalent auch noch seinen Läufer für Gessweins letzten Bauern. Damit wurde er vom Alptraum jedes Schachspielers heimgesucht: mit Läufer und Springer mattsetzen zu müssen. Aber ausgerechnet der Endspielkünstler im Bremer Team strauchelte – nach fast fünf Stunden Spielzeit und 134 (!) Zügen „war der Kopf leer“, wie Gesswein auf der Rückfahrt sagte. Dennoch überwog die Freude in der Mannschaft, unter dem Strich doch noch Siege erringen zu können.